Mit Fertigstellung der Schleuse gab es über die Warnow Jahrzehntelang bis ca. 1953 einen umfangreichen belegten Fracht-Schiffsverkehr, insbesondere zwischen Rostock und Bützow bzw. Schwaan und den an der Warnow liegenden Ortschaften. Transportiert wurden insbesondere Ziegel aus den Ziegeleien in Damm, Pölchow und Papendorf, Zuckerrüben für die Fabrik in Kassebohm, sowie Torf und Kohle (siehe Fotodokumentation).
Seitdem hat sich das Bild gewandelt, nicht mehr Ziegel und Kohle werden auf Lastkähnen durch die Schleuse transportiert, sondern Wassersportler, Angler, Wasserwanderer und Freizeitkapitäne nutzten die funktionsfähige Schleuse, um zwischen der Ober- und Unterwarnow zu pendeln.
Besonders von den Wassersportvereinen an Ober- und Unterwarnow wurde die Schleuse regelmäßig genutzt, wie die Fotos aus den früheren Jahren zeigen.
Die Statistik des Wasser- und Schifffahrtsamtes Stralsund über die Anzahl der Schleusungen und der geschleusten Boote für die Jahre 2000 – 2009 weist eine durchschnittliche Anzahl von 1.569 Schleusungen mit 3.480 Booten pro Jahr aus, davon die übergroße Anzahl von April bis September.
Auch mehre Ausflugsschiffe gab es, die bis ca. 2005 zwischen Rostock und Kessin/Schwaan verkehrten, z.B. die MS „Möve“, MS „Nixe“, MS „Frauenlob“ und die MS„Breitling“.
Die letzte (Sonder)-fahrt eines Passagierschiffes durch die Schleuse gab es im Jahre 2005.
Die Schließung erfolgte dann im Oktober 2011 wegen des notwendigen Neubaus der Mühlendammbrücke. Nachdem die Schleuse viele Jahre wegen dieser geschlossen, war die Erwartung der Menschen der Stadt Rostock im April 2015 hoch, dass die für die Schleuse bereits geplante Sanierung nun stattfindet und wieder für den touristischen Verkehr freigegeben wird.
Zwischenzeitlich hatte aber der Eigentümer (die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) für sich erkannt (vielleicht auch verkannt?), dass die Schleuse ihre „wasserverkehrliche“ Bedeutung verloren hatte und so beschloss das Wasser- und Schifffartsamt Stralsund (WSA), heute WSA Ostsee, stattdessen die Schleuse mit Sand zu verfüllen, die Schleusentore für den Denkmalschutz auszubauen und zu konservieren und für kleine Boote eine Bootsschleppe darüber zu errichten. Dazu gab es die Zustimmung des damaligen Oberbürgermeisters von Rostock, Roland Methling und des damaligen Verkehrsministers Christian Pegel, die in einer Veranstaltung über diese Absicht die Öffentlichkeit am 18.06.2015 informierten.
Es stellte sich im Nachherein heraus, dass die Hanse- und Universitätsstadt Rostock bei der Planung des Neubaus der Mühlendammbrücke deren Brückenhöhe und damit die Durchfahrtshöhe für Boote gegen den ausdrücklichen Willen der Wasser- und Schifffahrtsdirektion soweit verringert hatte, dass sie für die darunter befindliche Bundeswasserstrasse, was die Warnow in diesem Abschnitt immer noch ist, nicht mehr zulässig war (WSV-Richtlinie 5,25 m, Plan 3,70 m, gebaut ca. 4,00 m). Außerdem war die Brückenplanung auch breiter wie die bestehende Brück, so dass es für das WSA sehr kompliziert wäre, entsprechende Wartungsarbeiten durchführen zu können. Damit war von vornherein eine Weiternutzung der Schleuse wie vor dem Brückenbau unmöglich geworden. Nach Aktenlage der vorliegenden Dokumente eine offensichtlich Absicht der Stadt Rostock.
Nach dieser Absage zur Widerinstandsetzung der Schleuse regte sich alsbald heftiger Widerstandskampf von Bürgern, Vereinen, Verbänden, teilweise Parteien und Unternehmern, um die Schließung der Schleuse zu verhindern und sie so für den Tourismus zu erhalten (siehe Dokumentation der Medien).
Dabei muss erwähnt werden, dass es bereits vor 2015 Petitionen und Beschlüsse der Bürgerschaft der Stadt Rostock gab, um die Widerinstandsetzung, den Erhalt und die Übernahme der Schleuse durch die Stadt zu erreichen.
Das Konzept des unseres daraufhin gegründeten Mühlendammschleusenvereins sah vor:
- den Erhalt der Schleuse als funktionierendes technisches Denkmal „zum Anfassen“
- Schaffung eines kleinen Museums zur Geschichte der Mühlendammschleuse im Schleusengebäude
- dort eingebunden eine Bildungsstätte zum Thema Wasserbaukunst für Schulklassen, Einwohner und Touristen; ausbaufähig zu einem „Ersten Deutschen Wasserbaumuseum“
- Schaffung von Tourismusattraktionen durch geplante Schleusungen (die Schleuse liegt an einer der Haupteinfahrtstraßen nach Rostock, über welche unzählige Touristen mit ihren Fahrzeugen oder Bussen die Schleuse passieren, diese könnten zu einem nahen gelegenen Parkplatz und dann so gezielt zur Schleuse geleitet werden
- die Anbindung des Schleusengeländes an den geplanten Fuß- und Radweg und die Einbindung in das beschlossene „Uferkonzept Oberwarnow“
- Schaffung einer Einsatzstelle für Wasserwanderer
- Schaffung eines Wasserwanderrastplatzes, eventuell mit Übernachtungsmöglichkeiten in Hütten oder Zelten
- eine kleine Anzahl von Winterlagerplätzen
- Errichtung einer Sommergastronomie zur Naherholung – ein Biergarten am Wasser
- Errichtung eines Fischrestaurants für Rostocks Innenstadt
Aus der dann folgenden nahezu endlosen Chronologie bis zum Jahr 2023 seien nur wenige entscheidende Etappen genannt (wichtige Dokumente sind als download erhältlich):
- eine Petition mit 10.777 Unterschriften
- die Beantragung und Bestätigung der Mühlendammschleuse als techn. Denkmal im August 2015
- Beschluss der Bürgerschaft vom 07.10.2015 zur Übernahme der Schleuse
- die Gründung des gemeinnützigen Vereins „Mühlendammschleuse e.V.“ am 27.11.2015
- Beschluss des Kreistags des Landkreises Rostock vom 9.12.2015 für den Erhalt der Schleuse
- Tagung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages vor Ort an der Schleuse, welcher sich anschließend für den Erhalt der Schleuse aussprach
- 1. Machbarkeitsstudie vom 14.08.2018 mit unserer Stellungnahme
- Bitte unseres Vereins an den Bund zur Durchführung einer Bauwerksprüfung inkl. Kostenübernahme vom 12.11.2018
- schriftliche Bestätigung der Bitte durch den Bund und die erneute Kostenübernahmebestätigung der hälftigen Sanierungskosten vom 17.12.2018 (letztes ist immer noch Bestandteil des Bundeshaushaltsplanes 2024!)
- Beschluss der Bürgerschaft Rostock vom 06.03.2019 zur Übertragung von Schleuse und Gelände an die Hansestadt Rostock
Rückblick: - 02.01.2019 Sturmfluthochwasser mit 1,83m ü. NHN an der Schleuse, die Kammer läuft voll aber nicht über, auf Grund der undichten Schleusentore tritt salzhaltiges Wasser in die Oberwarnow ein, die Trinkwasserversorgung war nicht gefährdet, das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt fordert das WSA Stralsund auf, „kurzfristig mindestens das vorhandene Schutzniveau durch geeignete Maßnahmen wiederherzustellen (Fotos Bert Brinkmann)
- 09.07.2019 das WSA Stralsund informiert 3 Wassersportvereine aus Rostock, dass es durch das StALU MM aufgefordert wurde, den Hochwasserschutz an der Schleuse bis zum Oktober 2019 zu realisieren; aufgrund des zu erwartenden Anstiegs des Meeresspiegels in den nächsten 100 Jahren um 1,70 m sei diese Höhe auch an der Schleuse zu gewährleisten; dazu legte es ihre Pläne aus dem Jahr 2015 zum Verfüllen der Schleusenklammer, zum Errichten eines Dammes auf der Schleuse und zum Bau einer Umtragemöglichkeit für Sportboote vor; gleichzeitig nennt das WSA einen Zeitraum von 6–10 Jahren für eine Schleusensanierung und erwirbt damit die Zustimmung der angesprochenen Sportlerminderheit für ihre Pläne
- 27.07.2019 nach Veröffentlichung dieses Planes in der Ostseezeitung gibt der Finanzsenator der Hansestadt, Dr. Chris (Müller)- von Wrycz Rekowski dazu seine Zustimmung
- danach erfolgt im Zeitraum Juli 2019 bis August 2020 die Freilegung der Schleusenkammer, eine Bauwerksprüfung und sofort danach die Umsetzung der Pläne zum Verfüllen und die Errichtung eines Walls über der Schleuse (siehe Fotodokumentation) mit einem Kostenaufwand von 241.000,00 EUR
- 2. Machbarkeitsstudie vom 22.05.2022, die (wen verwundert es) den bereits zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Status quo der zugeschütteten Schleuse favorisierte, dazu unsere entsprechende Stellungnahme
- Beschluss der Bürgerschaft vom 01.03.2023, mit dem sich die Stadt endgültig aus der Verantwortung für die Schleuse zog, alle früheren Beschlüsse aufhob und damit die Schleuse ihrem Schicksal und die Verantwortung für sie wieder ihrem Eigentümer überließ und unsere Stellungnahme dazu
In diesen acht Jahren gab es unzählige Diskussionen, Schriftverkehr mit und zwischen Stadt/Land/Bund, die noch auf eine Aufarbeitung warten.
In den Jahren 2016 bis 2019 gab es jeweils zum „Tag des offenen Denkmals“ ein „Schleusenfest“, an dem ständig über 1.000 Bürger teilnahmen und ihre Sympathie mit unserem Verein und dem Erhalt einer funktionsfähigen Schleuse teilten. Diesen Unterstützern ist ein extra Abschnitt dieser Webseite gewidmet.
Letztendlich müssen wir akzeptieren, dass nicht Bürgerwille, sondern die Willkür Einzelner und die Politik über das Schicksal der Mühlendammschleuse entschieden haben. Wir können nur hoffen, dass zukünftige Generationen anders über Denkmalschutz und Tourismus denken und dann die Schleuse doch noch wieder freilegen, sanieren oder neue Wege gehen, um die Warnow wieder zu einem durchgängigen lebendigen Fluss zu machen. Damit unser Fluss erlebbar mit seiner Flora und Fauna wird und sich wieder zu einem Bindeglied zwischen Stadt und Umland entwickelt.